Vom subversiven Akt der Freundlichkeit | Beverunger Rundschau

Veröffentlicht am 25.01.2024 10:45

Vom subversiven Akt der Freundlichkeit

Da hat Philipzen (rechts) wieder was rausgelassen: Rüther (links) wirkt nüchtern verstimmt, Funke ist fassungslos-von den Socken. (Foto: Marc Otto)
Da hat Philipzen (rechts) wieder was rausgelassen: Rüther (links) wirkt nüchtern verstimmt, Funke ist fassungslos-von den Socken. (Foto: Marc Otto)
Da hat Philipzen (rechts) wieder was rausgelassen: Rüther (links) wirkt nüchtern verstimmt, Funke ist fassungslos-von den Socken. (Foto: Marc Otto)
Da hat Philipzen (rechts) wieder was rausgelassen: Rüther (links) wirkt nüchtern verstimmt, Funke ist fassungslos-von den Socken. (Foto: Marc Otto)
Da hat Philipzen (rechts) wieder was rausgelassen: Rüther (links) wirkt nüchtern verstimmt, Funke ist fassungslos-von den Socken. (Foto: Marc Otto)

Gekonnte Nackenschläge aufs vergangene Jahr: Storno kehrte einmal mehr ein in die Stadthalle, trat vor ausverkauften Rängen gleich zweimal auf und zog schonungslose Bilanz. Das Kabarett-Trio, bestehend aus Thomas Philipzen, Harald Funke und Jochen Rüther, geht mit einem Rundumschlag durch das Weltgeschehen von Politik und Gesellschaft.

Wie stets aber geht es weniger um den Jahresrückblick an sich, der Kern dieses Kabaretts ist die Dynamik des Trios untereinander. Wie sie einander die verbalen Bälle zuspielen, sich streiten und gegeneinander verbünden (die häufigste Allianz sind Philipzen und Funke, doch jede Kombi wird mal durchgespielt).

Philipzen kommt dabei als Optimist und Spaßmacher daher, verpackt die Dinge in schrulligen Anekdoten, und absolut geht es nicht ohne die eine oder andere Imitation eines Politikers oder Promis. Seine Bühnenpräsenz ist spritzig, spaßig, lebhaft. Sein Kollege Rüther dagegen hakt mit kalten, harten Fakten ein. Korrekt und fachbezogen, ernst und grimmig, unbewegt. Das erdende Element im Trio. Der Blitz, der einschlägt, ist dann Herr Funke. Er scherzt nicht augenzwinkernd – er sagt bekloppte Dinge frei von der Leber weg und reißt die wildesten Grimassen von Schock, Angst und Fassungslosigkeit. Er versteht häufig die Welt nicht mehr, und dabei treibt er besonders seinen geschätzten Kollegen Rüther auf die Palme, dem bei manchen Äußerungen schnell mal das Blech wegzufliegen droht, ehe Philipzen als Mittler einspringt. Oder es zumindest versucht.

Die Debatten und hitzigen Streitgespräche waren einmal mehr ein Genuss, ob es dabei um neu gegründete Parteien ging, Vegetarier, Handwerkermangel und Pflege-Katastrophe („Zur Veranschaulichung, die vorderen drei Reihen hier, die kümmern sich um alle anderen bis hoch zur Wand!”), den Nah-Ost-Konflikt in einem minutenlangen Zeitraffer-Vortrag oder KI in einer Barbie-Puppe. Gewürzt wird der Abend auch noch durch Song-Nummern, die zur Melodie bekannter Klassiker das Weltgeschehen aufgreifen. So wird etwa zum Tune von Roland Kaisers Santa Maria über Handwerkstermine geklagt, denn „wer davon träumt, hat bereits verloren“. Markus Lanz, kurzentschlossen zum wahren Kanzler erklärt (da wurde nach Präsenz bestimmt), bekommt die Rap-Nummer „Mister Laber Laber“.

Unterm Strich, so durfte das Publikum wohl mitnehmen, müsste die Welt endlich mal wieder freundlicher werden, mit weniger Schaum vorm Maul. So brachte es Funke auf dem Punkt, als er erklärte, nur Idioten schreien rum. Um sich zwischen seinen Kollegen damit Gehör zu verschaffen, drehte er allerdings selbst ganz gewaltig an der Lautstärke. Funke eben.

Die drei Kabarettisten sind eine Wucht, mit der zu rechnen ist. Pro Auftritt in Beverungen begeisterten sie 1000 Zuschauer, seit schon immer sind ihre Rückblicke ausverkauft. Und erneut durfte das Publikum sich davon überzeugen, warum das so ist: Weil diese Herren wunderbar Bühnen-Präsenz bringen, einander anschreien und dabei doch unglaublich höflich bleiben (Das Siezen ist Pflicht) und offenbar selbst viel Spaß an ihren Auftritten haben. Hin und wieder wird da doch verdächtig gegrinst, und die Bemerkung „Das stand so aber nicht im Text“ wird fallen gelassen, wenn sich einer der Drei mal wieder schwer in Rage redete und offenbar selbst gespannt war, wohin dieser Geistesblitz denn wohl führt. Und wenn an Philipzens Gitarre mal wieder eine Saite reißt … ja, so ist Live, so ist Bühne. So ist ganz große Klasse.

north