Das Brandenburger Tor hat eine Höhe von ca. 20 Meter ohne Quadriga. Die Entfernung von dort bis zum Reichstagsgebäude beträgt ca. 281 Meter. Man stelle sich vor, um die beiden Bauwerke würde eine Betonhalle gebaut. Diese Halle ist kein temporäres Verhüllungskunstwerk a´la Christo, sondern dient dem täglichen An- und Abtransport von Atommüll über die nächsten 30 Jahre. Schöne Aussichten, insbesondere für die Gäste im Hotel Adlon Visavis der Megahalle. Ob sie im Reisefazit sagen würden "Berlin, immer eine Reise wert"?
Dieses Beispiel verdeutlicht, was das touristisch geprägte Weserbergland mit der Errichtung des zentralen Bereitstellungslagers LOK zu erwarten hat, sollte an den Plänen der BGZ festgehalten werden. Die Erkenntnis von negativen Auswirkungen auf den Tourismus sind dabei nicht neu.
Dass der Outdoortourismus bei der Atommüllentsorgung nachhaltig leiden wird, wusste schon die Schweizer Studie vom Bundesamt für Energie vor 10 Jahren "Atommüll lässt vor allem den Tourismus leiden" zu berichten. Dementsprechend eindeutig spricht sich auch die Geschäftsführerin des "Weserbergland Tourismus e. V.", Petra Wegener, gegen das geplante Atommülllager in Würgassen aus und begründet dies u. a. durch die negative Entwicklungsperspektive für die gesamte Region:
"Der Tourismus im Weserbergland stellt einen wesentlichen Wirtschaftsfaktor in der Region dar und kann inzwischen eine äußerst erfolgreiche Bilanz vorweisen. Inzwischen finden rund 3 Millionen Übernachtungen jährlich in der Region statt. Insgesamt entstehen dadurch ein Bruttoprimärumsatz von 1 Milliarde EUR und 22.000 Vollzeitarbeitsplätze. Das touristische Rückgrat der Region ist der Weser-Radweg, der in den vergangenen Jahren mit hohen Investitionen zum Premiumprodukt in Deutschland ausgebaut wurde. Er wurde mit vier Sternen laut ADFC zertifiziert und ist bereits zum dritten Mal in Folge zum beliebtesten Fernradweg in Deutschland ausgezeichnet worden. Der Radweg verzeichnet jährlich rund 350.000 Gäste, die den Radweg befahren, und führt genau an dem Zwischenlager mit prominentem Blick vorbei. Sollten dadurch auch nur einige Übernachtungen und Tagesgäste ausbleiben, stellt dies einen hohen Schaden für die gesamte Region dar. Die Wirtschaftskette, die durch den Tourismus in Gang gesetzt wird, ist unterbrochen und kann vehemente Auswirkungen erzeugen", führt Frau Wegener aus.
Dass allein schon die vierjährige Bauzeit mit Zehntausenden von Lkw-Transporten für z. B. die Aufschüttung des Geländes zum Hochwasserschutz negative Auswirkungen auf eine der wesentlichen Lebensadern in der Region haben wird, dürfte unvermeidlich sein. Ob die erworbenen Gütesiegel des ADFC dann noch ins Weserbergland vergeben werden, bleibt abzuwarten.
Der Protest der Bürger, Gemeinden und hiesigen politischen Vertreter gegen das geplante Atommüllzwischenlager in Würgassen ist inzwischen allerorts im Dreiländereck präsent. So auch in der Barockstadt Bad Karlshafen, wo die Bürgerinitiative Atomfreies 3-Ländereck e.V. zum Bürgerfest und Kunsthandwerkermarkt am neu gestalteten Hafenbecken anschaulich einen "symbolischen Atommüll-Transportcontainer" aufgestellt hat. "Derartige Transporteinheiten gehören dann ab 2027 für dreißig Jahre ins alltägliche Stadtbild der hiesigen Ortschaften, sofern das Lager gebaut wird", führt Dirk Wilhelm von der Bürgerinitiative aus. Noch ist kein Bauantrag seitens des Bundes zur Errichtung der Atommüllhalle gestellt worden, zumal dem Vorhabenträger neben dem Widerstand aus der Region nun auch durch das aktuell veröffentliche Ländergutachten der Wind mächtig entgegen bläst. "Wenn alle an einem Strang ziehen, steigen die Chancen auf einen erfolgreichen Widerstand", so Wilhelm, und hofft weiterhin auf breite Unterstützung aus der Region sowie einer baldigen Entscheidung aus Berlin bezüglich der Einstellung weiterer Planungen am Standort Würgassen.
Petra Wegener
Geschäftsführerin Weserbergland Tourismus