Die Bürgerinitiative Atomfreies 3-Ländereck übt scharfe Kritik an der Entsorgungskommision (ESK), die trotz fehlender entsprechender Infrastruktur und Verortung in einem Überschwemmungsgebiet zu Ergebnis komme, dass der Standort Würgassen geeignet sei. Der Verein führt das auf den Einfluss durch das Bundesumweltministerium (BMUV) zurück.
Weiter heißt es in der detailierten Kritik durch die BI Atomfreies 3-Ländereck: „Von einem unabhängigen und nicht an Weisungen gebundenen Gremium wie der ESK erwartet die Öffentlichkeit eine eigenständige und neutrale Beurteilung. Diesem Anspruch konnte die ESK aber nach Ansicht der Bürgerinitiative Atomfreies 3-Ländereck e.V. nicht gerecht werden. Stattdessen erfüllt das Gremium die Erwartungen des Bundes, indem es seine von ihm selbst aufgestellten Sicherheitskriterien aufweichte. Damit ist ab sofort z.B. die Hochwassersicherheit kein Kriterium mehr für einen Standort, denn man kann durch bauliche Maßnahmen Hochwassersicherheit offensichtlich jederzeit herstellen. Jeder Ort in Deutschland, auch der tiefste Sumpf, ist als Lager geeignet. Als Kriterium hätte man die Hochwassersicherheit also gar nicht aufführen müssen. Ein zweigleisiger Bahnanschluss ist nun auch keine Sicherheitsvorgabe mehr, da die Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) sich beim täglichen Transportvolumen verrechnet habe und die so reduzierten Lasten über ein einziges Gleis abgewickelt werden könnten. Dass bei dieser Beurteilung des Transportvolumens vornehmlich nur die Anlieferung vom LoK zum Endlager Konrad betrachtet wird, nicht aber die Anlieferung aus den 42 Zwischenlägern zum LoK, führt zu einer falschen Darstellung der Gesamtsituation. Der komplette Anlieferungsprozess sowie der parallele Einlagerungsprozess ins LoK über 3 Gleise auf dem Betriebsgelände selbst, wird von der ESK nur dahingehend kommentiert, die im Transportgutachten der RegioConsult aufgeworfenen Punkte einer Überprüfung unterziehen zu wollen. Genau diese Überprüfung wäre aber die Aufgabe der ESK gewesen, bevor sie ihre Stellungnahme veröffentlichte. Stattdessen werden oberflächliche Auskünfte der Bahn sowie die Gefälligkeitsgutachten des Öko-Instituts, welche von einem ESK - Mitglied federführend mitverfasst wurden, als plausibel und nachvollziehbar dargestellt. Damit werden die anspruchsvollen Anforderungen an ein atomares Logistikzentrum, also besonders die Anlieferung und Entladung in der aktuellen ESK – Stellungnahme, nicht betrachtet. Die ESK hätte in ihrer Stellungnahme klar darauf hinweisen müssen, dass die von der BGZ genannten reduzierten Transportbewegungen nach wie vor lediglich auf Annahmen basieren und hätte zu diesem fundamentalen Punkt kontrollieren und bewerten müssen. Ein weiterer schwerwiegender Fehler im Rahmen der Stellungnahme leitet sich aus dem veröffentlichten Jahresabschluss 2021 der Kerntechnischen Entsorgung Karlsruhe KTE ab, denn dort heißt es: „Ein früheres Betriebsende des Endlagers Konrad als 2067 ist für die KTE nicht praktikabel, weil Abfälle aus dem Rückbau der Entsorgungsbetriebe noch bis Mitte der 2060er Jahre anfallen werden”. Damit entfällt die wesentliche Begründung zur Notwendigkeit eines LoK, denn gerade durch die Verkürzung der Einlagerungszeit von 40 Jahren um ca. 10 Jahre sollte laut BGZ ein Sicherheitsgewinn für uns alle entstehen. Was bringt die Möglichkeit einer verkürzten Einlagerungszeit von 2067 auf 2057 in Konrad, wenn der Rückbau der Anlagen aber bis 2067 dauert?
Warum die ESK - Mitglieder trotz alledem bereit waren, eine derartige Stellungnahme zu verfassen, lässt sich nur erahnen. Hauptberuflich sind einige dieser Mitglieder auch geschäftsführend bei bundeseigenen Gesellschaften tätig, welche u.a. die Konditionierung der atomaren Abfälle für das Endlager Konrad übernehmen. Ob derartige Beschäftigungsverhältnisse einer unabhängigen Beurteilung entgegenstehen, sollte jeder Leser im Hinterkopf behalten. Insbesondere dann, wenn diese ESK – Mitglieder bei der Finanzierung Ihrer Unternehmen fast ausnahmslos auf Zuwendungen von Bund und Land angewiesen sind. Daher ist es nachvollziehbar, dass sich in den Jahresabschlüssen 2020/21 dieser bundeseigenen Entsorgungsgesellschaften folgender Passus fast wortgleich befindet: „Die Bundesregierung hat außerdem beschlossen, durch die BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung mbH am Standort des stillgelegten KKW Würgassen das Logistikzentrum Konrad (LoK) zu errichten.” Aufgrund dieser Ausgangssituation ist das Ergebnis der aktuellen Stellungnahme der ESK keine Überraschung und nur die Bestätigung einer seit Langem vorgegebenen Entscheidung.
Derartige Gutachten, Stellungnahmen oder Beteiligungsformate von Instituten wie der ESK, dem Öko - Institut oder dem Nationalen Begleitgremium (NBG) braucht unsere Gesellschaft nicht. Die bisherigen Ergebnisse dieser Organisationen sind, zumindest im Fall Würgassen, allein dazu geeignet, der politischen Entscheidung der Lastenteilung einen seriösen Anstrich zu verleihen, um so den „Atommülltourismus” zu rechtfertigen. Vielmehr sollten die Verantwortlichen, wie vom Bundesrechnungshof gefordert, deutlich mehr Transparenz in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung schaffen. Dass ausgerechnet diejenige Liegenschaft als Standort ausgewählt wurde, die nicht im Eigentum des Bundes ist, sondern von einem Energieversorgungskonzern erworben werden muss, schürt die Skepsis in der Öffentlichkeit. Insbesondere dann, wenn laut kleiner Anfrage im Bundestag die Kaufsumme aus Geheimhaltungsgründen nicht veröffentlicht wird. Letztendlich tut sich der Bund mit derartigem Vorgehen keinen Gefallen, unterwandert das demokratische Grundverständnis der Öffentlichkeit, und muss sich am Ende nicht über Politikverdrossenheit und Protestwähler in der Gesellschaft wundern.”