Stadtmuseum Hofgeismar: China-Ausstellung geht in die Verlängerung | Beverunger Rundschau

Veröffentlicht am 05.05.2023 14:35

Stadtmuseum Hofgeismar: China-Ausstellung geht in die Verlängerung

Beeindruckende Handwerkskunst aus China und vieles mehr bietet die derzeitige Sonderausstellung im Hofgeismarer Stadtmuseum. (Foto: Stadtmuseum Hofgeismar)
Beeindruckende Handwerkskunst aus China und vieles mehr bietet die derzeitige Sonderausstellung im Hofgeismarer Stadtmuseum. (Foto: Stadtmuseum Hofgeismar)
Beeindruckende Handwerkskunst aus China und vieles mehr bietet die derzeitige Sonderausstellung im Hofgeismarer Stadtmuseum. (Foto: Stadtmuseum Hofgeismar)
Beeindruckende Handwerkskunst aus China und vieles mehr bietet die derzeitige Sonderausstellung im Hofgeismarer Stadtmuseum. (Foto: Stadtmuseum Hofgeismar)
Beeindruckende Handwerkskunst aus China und vieles mehr bietet die derzeitige Sonderausstellung im Hofgeismarer Stadtmuseum. (Foto: Stadtmuseum Hofgeismar)

Fernreisen sind teuer und zeitaufwendig – eine einfachere und völlig kostenfreie Option finden Fernweh-Leidende dieser Tage im Stadtmuseum Hofgeismar: In der Sonderausstellung „China, wie Rocholl es erlebte. Kunst und Lebensart um 1900“ ist ein Eintauchen in die fremde Kultur eine willkommene und spannende Abwechslung zum Alltag. Besucherinnen und Besucher können sich nun über eine Verlängerung der Ausstellung freuen. Sie ist noch bis zum 13. August zu sehen.

Warum China in Hofgeismar?

Der Maler Theodor Rocholl (1854-1933), in der Region vor allem bekannt durch seine detailreichen und beeindruckenden Gemälde mit Motiven des Reinhardswaldes oder der Beberbecker Pferde, kam seinerzeit berufsbedingt „ganz schön rum“, wie man heute sagen würde. Im Sommer 1900 führte es Rocholl schließlich zusammen mit der deutschen Strafexpedition zur Niederschlagung des sog. „Boxeraufstandes“ als „malender Kriegsberichterstatter“ in das ferne China.

Die Kultur, auf die er dort traf, hätte fremder nicht sein können, doch sie weckte eine tiefe Faszination in dem Maler. Während seiner Zeit in China konnte sich der Maler durch einen besonderen Pass frei bewegen und hatte überall Zutritt und Teilnahmeberechtigung. So konnte er zahlreiche interessante Objekte erwerben und mit nach Deutschland bringen (wie genau die Objekte in Rocholls Besitz kamen, ist aktuell leider nicht geklärt und gilt es noch zu erforschen – Stichwort Provenienzforschung).

Zu den Objekten, die aus Rocholls Nachlass in die Sammlung des Stadtmuseums gelangten, zählen u.a. kostbare Textilien wie ein Kaisermantel oder ein kunstvoller Schreibtischaufsatz mit diversen Schriftstücken sowie zahlreiche fein bestickte Rangabzeichen der Beamten des Kaiserreichs. Diese „China-Sammlung“ wurde von Museumsleiter Helmut Burmeister laufend ergänzt und wuchs so zu einem beachtlichen Umfang an. In der aktuellen Präsentation stamme alle Exponate – bis auf eine Ausnahme – aus dem Eigentum des Stadtmuseums.

Ein Fenster in die Seele des Alten China

Die Ausstellung „China, wie es Rocholl erlebte. Kunst und Lebensart um 1900“ zeigt, ausgehend von einigen Gemälden und Skizzen des Malers aus der Zeit in China sowie Objekten aus seinem Nachlass und der darauf aufbauenden Sammlung des Museums, einen Einblick in die Kunst und Kultur des Kaiserreichs um 1900: Religiöse Kultfiguren, kunstvolle Stickereien, symbolträchtige Motive und prächtige Jadeskulpturen sind nur einige Beispiele.

Zu betonen gilt an dieser Stelle allerdings noch, dass es nicht DIE eine chinesischen Kultur gibt oder jemals gab. Ob der schieren Größe des Landes galt das Kaiserreich schon unter seinen frühen Kaisern als Vielvölkerstaat und war somit stets ein Schmelztiegel der verschiedensten Kulturen und Traditionen. Verschiedene Themenschwerpunkte zeugen daher durch eindrückliche Objekte beispielhaft von der Vielfalt und Bedeutungstiefe jener chinesischen Kultur, auf die Theodor Rocholl um 1900 traf.

Ein Fokus liegt beispielsweise auf dem chinesischen Volksglauben, in ihm vereinten sich gleich drei große Lehren, der Konfuzianismus, der Daoismus und der Buddhismus. Diese bestanden weitestgehend friedlich nebeneinander und beeinflussten sich gegenseitig. Im Zentrum jedoch, und mindestens seit etwa 3500 Jahren im chinesischen Alltag praktiziert, stand die Verehrung der Vorfahren, der sog. Ahnenkult. Mit aufwändigen Ritualen und Zeremonien in der Ahnenhalle oder am Hausaltar ehrten die Menschen ihre Vorfahren und ließen sie an ihrem Leben teilhaben.

Auch das strikte Verwaltungssystem des Kaiserreichs suchte seinesgleichen, bildete es doch über mehr als zwei Jahrtausende das Rückgrat des chinesischen Imperiums. Ihre Macht und ihr Einfluss sicherten den gelehrten Beamten die Führungsrolle und machten sie zur Elite. Ihnen ist es auch zu verdanken, dass große Teile der chinesischen Kultur durch die lange Geschichte des Kaiserreichs hindurch erhalten blieben. Möglich wurde dies u.a. durch das umfangreiche und äußerst komplizierte Schriftsystem mit etwa 50.000 Schriftzeichen, das sich vor etwa 3000 Jahren in China entwickelte.

Ein weiterer Ausstellungsbereich widmet sich dem legendären und meisterhaften chinesischen Kunsthandwerk, dessen kunstvolle Verarbeitungstechniken bereits an europäischen Fürstenhäusern bekannt und begehrt waren. Einen Blick in die verborgene Welt der vornehmen Frauen erhaschen die Besucher u.a. anhand winziger Seidenschuhe für sog. Lotusfüße, eins der wichtigsten Schönheitsideale mit jahrhundertelanger und schmerzhafter Tradition.

Ein Blick über den Tellerrand

Die Kunst, Kultur und damalige Lebenswelt im Alten China allgemein unterscheidet sich maßgeblich von der unseren im heutigen Deutschland – und gerade dieser Kontrast öffnet den Blick für das bisher Fremde, vermeintlich Andere. Die Sonderausstellung „China, wie Rocholl es erlebte. Kunst und Lebensart um 1900“ vermittelt einen Eindruck vom Leben im fernen Kaiserreich, das nun seit mehr als 100 Jahren der Vergangenheit angehört. Angefüllt von Kunst, Mythologie und Philosophie, wo das Auge nur hinblickte, weckte die chinesische Kultur schon damals die Faszination für den Maler Theodor Rocholl.

Die Sonderausstellung „China, wie Rocholl es erlebte“ ist noch bis zum 13. August für interessierte Besucherinnen und Besucher geöffnet: montags, dienstags, donnerstags von 10 bis 12 Uhr, mittwochs, von 15 bis 18 Uhr, freitags von 17 bis 19 Uhr und sonntags von 11 bis 13 und 15 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei, über Spenden freut sich das Museums-Team sehr.

Führungstermine

Im Mai führt Kuratorin Katharina Vock an folgenden Terminen zu den Highlights der Ausstellung: Freitag, den 12. Mai, um 16.30 Uhr sowie am Mittwoch, den 24. und 31. Mai, jeweils um 14.30 Uhr. Die Plätze für die kostenfreien Führungen sind begrenzt, daher ist eine Teilnahme nur nach vorheriger Anmeldung per Mail (museum@stadt-hofgeismar.de) oder per Telefon (05671-4791) und anschließender Bestätigung möglich.

north