Die Schule ist wieder losgegangen und nach sechs Wochen Ferien dürfte bei den meisten Schülerinnen und Schülern der Akku auch wieder aufgeladen sein, um motiviert ins neue Schuljahr zu gehen. Doch für manche Kinder und Jugendliche gilt das nicht. Sie bleiben aus ganz unterschiedlichen Gründen der Schule fern, in den letzten Jahren auch zunehmend immer häufiger Jüngere. Dagegen unternommen werden kann nur etwas, wenn alle Beteiligten zusammenarbeiten und so früh wie möglich entsprechende Schritte einleiten. Die AG Schulabsentismus hat jetzt einen Leitfaden zum Thema an alle Schulen verteilt, um die Früherkennung zu fördern und auf Hilfsangebote aufmerksam zu machen. Koordiniert wird die AG vom Bildungsbüro des Landkreises Holzminden.
Dass Schülerinnen und Schüler die Schule schwänzen, ist kein neues Phänomen. Dabei spielten nicht allein Unlust oder mangelnde Lernbereitschaft eine Rolle, sondern nicht selten auch Angst vor Mitschülerinnen und Mitschülern, dem einen oder anderen Lehrkörper oder generell vor einem Leistungsdruck. Ein problematisches familiäres Umfeld tut dann nicht selten ein Übriges, um Schülerinnen und Schüler ganz davon abzuhalten, sich der „Herausforderung Schule“ zu stellen.
Seit der Pandemie haben die Fallzahlen noch einmal zugenommen, weiß Stefan Isenberg vom Bildungsbüro des Landkreises zu berichten. „Gerade die, die eine regelmäßige Teilnahme nötig hatten, sind häufig auch Diejenigen gewesen, die beim Homeschooling die fehlende Ausstattung oder technische Schwierigkeiten als Ausrede benutzt haben“, meint Isenberg. Für die Lehrkräfte sei es schwierig gewesen, dem beizukommen. Sowieso schon vorhandene Lernlücken seien dadurch noch größer geworden, am Ende habe das zu weiterer Demotivation und entsprechendem Wegbleiben auch nach den Lockdownphasen geführt.
Mit dem neuen Leitfaden sollen der Schulleitung und den Lehrerinnen und Lehrern Handlungsoptionen an die Hand gegeben werden, um Signale solcher Vermeidungsaktivitäten frühzeitig zu erkennen und Strategien dagegen zu entwickeln. Denn in Einzelfällen sind auch schon einmal enorme Fehlzeiten von bis zu 88 Tagen zusammengekommen, ohne dass das in der Hektik des Schulalltags bemerkt wurde.
„Deshalb haben wir ein Flussdiagramm erstellt, das zeigt, wer wann was tun kann“, beschreibt Schrader den Leitfaden genauer. Das Schaubild, das den Schulleitungen zunächst per E-Mail, dann als Poster fürs Lehrerzimmer zugegangen ist, stellt Handlungsoptionen übersichtlich dar. Ein ergänzender Leitfaden nennt dazu noch Hilfsangebote für unterschiedliche Szenarien. „Speziell den Klassenlehrern und Klassenlehrerinnen kommt dabei eine Schlüsselfunktion zu“, ergänzt Stefan Isenberg. Es sei sehr wichtig, schon frühzeitig externe Hilfen in Anspruch zu nehmen, um dem Thema wirksam zu begegnen. Da es in Deutschland eine Schulpflicht gibt, sei eine Ordnungswidrigkeitsanzeige ein durchaus wichtiges Instrument bei der Bekämpfung des Schulabsentismus. „Denn dadurch werden automatisch auch das Jugendamt und gegebenenfalls auch der Schulverweigererwecker mit einbezogen“, betont Isenberg. Letzterer hat im Landkreis sehr gute Erfolge zu verzeichnen, weil dessen ehrenamtlichen Helfer nicht lockerlassen und sich regelmäßig morgens zum Abholen vor der Haustür der Jugendlichen und Kinder einfinden.
Warum ist das Thema Schulabsentismus so wichtig? Häufige Fehltage beeinträchtigen die schulischen Leistungen massiv und haben langfristig gravierende Folgen für den Bildungserfolg. Absentismus weist oft auf familiäre oder persönliche Probleme hin, daher sollten Lehrkräfte in diesen Fällen sofort genau hinschauen. Erziehungsberechtigte, Lehrkräfte und Schulleitungen sind (dienst)rechtlich dazu verpflichtet, den Schulbesuch durchzusetzen. Leider häufen einige SuS mittlerweile eine sehr hohe Anzahl von Fehltagen an, bevor etwas passiert.